Ein afrikanischer Philosoph
der Aufklärung
Anton Wilhelm Amo war ein bedeutender Philosoph, Denker und Jurist des 18. Jahrhunderts. Er gilt als die erste Person aus Subsahara-Afrika, die an einer europäischen Universität studierte, und als erster Afrikaner, der einen Doktortitel in Europa erlangte.
Amo wurde um das Jahr 1703 an der Westküste Afrikas in Ghana geboren und als kleines Kind durch den Sklavenhandel nach Europa verschleppt. Dort wuchs er bei dem Herzog Anton Ulrich auf.1707 wurde Amo in einer Kapelle getauft und erhielt zwei Vornamen: Anton, nach dem Herzog, und Wilhelm, nach einem seiner Söhne. Die Herkunft des Nachnamen Amo ist unbekannt. Er selbst nannte sich Antonoius Gvilielmus Amo Afer. Gvilielmus und Afer sind dabei vermutlich selbstgewählte Namen.
Amos Werdegang
Über Amos Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Mit finanzieller Unterstützung durchlief er jedoch eine klassische Ausbildung an einer Akademie und später an einer Universität.
Am 9. Juni 1727 schrieb sich Amo an der Universität Halle ein. Dort spezialisierte er sich auf Philosophie und später auf Rechtswissenschaften. Zwei Jahre später reichte er seine erste universitäre Arbeit auf Latein ein und erlangte damit den Titel eines Magister Legens (vergleichbar mit einem Doktor der Rechtswissenschaften). Die Arbeit selbst ist zwar verloren gegangen, doch zeitgenössische Berichte legen nahe, dass er darin möglicherweise die Sklaverei als unrechtmäßig kritisierte. Damit setzt er sich von seinen Kollegen der europäischen Aufklärung ab, deren Verständnis von der Befreiung aus der Unmündigkeit oft mit Hierarchisierungen verbunden waren, die Schwarze Menschen und Frauen abwerteten und ausschlossen.
1730 wechselte Amo an die Universität Wittenberg im Kurfürstentum Sachsen. Kurz nach seiner Immatrikulation erlangte er den Magistertitel in Philosophie. Dieser ermöglichte es ihm, erste Vorlesungen zu halten, während er sein Studium in Medizin, Metaphysik und Logik fortsetzte.
Im April 1734 verteidigt er als erster in Afrika geborener Denker seine Philosophie-Dissertation. Verkürzt lautet der Titel der Arbeit „Über das Fehlen der Empfindung
der menschlichen Seele“ („De humanae mentis apatheia“). Amo war der Ansicht, dass die Seele, die er als eine Art des Geistes versteht, nicht die Fähigkeit hat, zu empfinden oder wahrzunehmen.
„Der Mensch empfindet die materiellen Dinge nicht von seiner Seele, sondern von seinem lebenden organischen Körper aus.“
Rückkehr nach Afrika
Um 1747/1748 verließ Amo Europa und kehrte ins heutige Ghana zurück. Die Gründe dafür sind nicht eindeutig, doch wird vermutet, dass zunehmender Rassismus ihn dazu bewog.
Man geht davon aus, dass er sich in seiner Geburtsstadt Axim niederließ. Dort wurde er als weiser Mann und Wahrsager anerkannt. Er traf seinen Vater und seine Schwester wieder und erfuhr, dass sein Bruder Atta als Sklave in Surinam lebte. Amo versuchte vergeblich, ihn zurückzuholen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in der Küstenstadt Chama, wo er 1784 starb.
Amos Andenken
Trotz seines frühen Todes fern von Europa gerät Amo dort nicht völlig in Vergessenheit.
Beispielsweise taucht er in den Schriften von Abbé Grégoire, eines französischen Bischofs und Politikers auf. Dieser bezeichnet den Sklavenhandel als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Um Stereotype über Schwarze Menschen aufzulösen, listet Abbé Schwarze Persönlichkeiten auf, die sich im Laufe der Geschichte „durch Talente und Schriften auszeichneten“ und Amo gehört dazu.
In der Zeit des Kalten Krieges und der Entkolonialisierung wurde Amos Name zunehmend in Emanzipationsbewegungen integriert. Der erste ghanaische Präsident und Philosoph Kwame Nkrumah würdigte ihn als afrikanischen Patrioten, der für Gleichheit und Freiheit eintrat, und verwies in seinem Werk „Consciencism“ auf Amos Dissertation.
In den 1960er-Jahren wurden Amos Schriften ins Deutsche, Englische und Französische übersetzt, und Burchard Brentjes veröffentlichte eine einflussreiche Biografie.
In dem Buch “Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte” wird Amos Lebensgeschichte ebenfalls als Teil der Schwarzen deutschen Historie aufgegriffen.
Der derzeit einzige Hinweis auf Amo an der Universität in Halle ist leicht zu übersehen. Hier steht seit 1965 eine unscheinbare Statue mit dem Titel “Freies Afrika”: Zwei aufrechte Bronzegestalten, ein Mann und eine Frau, er im Lendenschurz, sie im Kleid und mit Kopfwickel, die Fäuste geballt. Diese Darstellung wird als stark Stereotypisierung Schwarzer Menschen kritisiert. Zwar informiert eine alte Plakette einige Meter davor darüber, dass mit der Statue an Amo erinnert werden soll, jedoch hat sowohl die Darstellung als auch die Entstehung der Statue nichts mit dem Philosophen selbst zu tun. Ein eigenständiger, besser sichtbarer Gedenkort für Amo ist wohl in Arbeit. In Berlin soll demnächst immerhin eine Straße nach ihm benannt werden.
„War er ein Philosoph oder ein Schwarzer?"
Jacob Mabe, ein Politikwissenschaftler und Philosoph, mahnt, Amo nicht nur wegen seiner Herkunft zu erinnern: „Es kann nicht sein, dass jemand nur deshalb bekannt ist, weil er aus Afrika stammt. War er ein Philosoph oder ein Schwarzer? Ich sage: Er war ein Philosoph.
Auch wenn es richtig ist, dass Amo vor allem wegen seines Wirkens beeindruckte, zeugt die Unterdrückungserfahrung, die er machen musste, und die beständige Selbstbehauptung von einer bemerkenswerten Widerstandskraft, die mit unserem Beitrag zum Black History Month gewürdigt werden soll und die von seiner Philosophie sicherlich nicht zu trennen ist.
Quellen