Kindheit und Familie
Ruth Bader Ginsburg, Geburtsname Joan Ruth Bader, wurde am 15. März 1933 geboren und wuchs in einem Arbeiterviertel in Brooklyn auf, in dem arme jüdische, italienische und irische Einwandererfamilien lebten. Ihr Vater Nathan Bader stammte aus Odessa in Russland, ihre Mutter Celia Amster Bader wurde in den USA geboren, kurz nachdem ihre Eltern aus Österreich emigriert waren. Ruth hatte eine ältere Schwester, Marilyn, die im Alter von acht Jahren starb.
Ihr Vater betrieb kleine Konfektionsgeschäfte, während ihre Mutter sie zu Fleiß, Selbstständigkeit und unabhängigem Denken ermutigte. Diese frühen familiären Prägungen sollten Ruths spätere Karriere entscheidend beeinflussen.
Einen Tag vor Ruth High-School-Abschluss verstarb ihre Mutter an Krebs.
Ruth Bader Ginsburg besuchte die renommierte Cornell University und schloss ihr Studium als Beste ihres Jahrgangs ab. Während ihres Studiums heiratete sie ihren Kommilitonen Martin Ginsburg. 1956 begann sie mit 23 Jahren das Jurastudium an der Harvard Law School. Sie war eine von nur neun Studentinnen an dieser Eliteuniversität und wurde als Studentin Mitglied der Harvard Law Review.
Nach dem Umzug ihrer Familie nach New York setzte sie ihr Studium an der Columbia University fort. Dort schloss sie erneut als Jahrgangsbeste ab und wurde auch in Columbia in die Law Review aufgenommen. Sie war damit die erste Person, welche diese Ehre an zwei Eliteuniversitäten erreichte.
Trotz herausragender Leistungen erhielt sie keine Anstellung bei den zwölf Kanzleien, bei denen sie sich bewarb, und begann ihre berufliche Laufbahn schließlich 1959 als Assistentin von Richter Palmieri am US-Bezirksgericht für den Süden des Staates New York. Danach arbeitete sie an einem Forschungsprojekt der Columbia Law School über internationale Rechtssysteme.
Sie lernte Schwedisch für ein Buch über das schwedische Rechtssystem und übersetzte das schwedische Gesetzbuch ins Englische.
1963 wurde Ginsburg Professorin an der Rutgers University, wo sie gemeinsam
mit Kolleginnen gegen Lohndiskriminierung kämpfte. Später wechselte sie an die Columbia University, wo sie die erste festangestellte Jura-Professorin wurde.
Zudem war sie Mitautorin des ersten juristischen Lehrbuchs über Geschlechterdiskriminierung.
In den 1970er Jahren gründete sie das Frauenrechtsprojekt der American Civil Liberties Union (ACLU) mit und leitete es als Direktorin. In
dieser Funktion vertrat sie vor dem Supreme Court zahlreiche Fälle gegen Geschlechterdiskriminierung, wählte dabei auch strategisch Fälle aus, die Männer benachteiligten, und trug so zur Änderung diskriminierender Gesetze in den gesamten USA bei.
1980 ernannte Präsident Jimmy Carter Ginsburg zur Richterin am Berufungsgericht für Washington, D.C. Dort setzte sie sich neben der Gleichberechtigung besonders für die Konsultation ausländischen Rechts in US-amerikanischen Entscheidungen ein, ein Vorgehen, welches sie von konservativen Kollegen wie Antonin Scalia unterschied.
1993 berief Präsident Bill Clinton Ginsburg als zweite Frau in den Obersten Gerichtshof der USA. Sie gehörte dem liberalen Flügel des Gerichts an, der seit
der Ernennung neuer Richter durch George W. Bush meist in der Minderheit war.
Ginsburg trat in wichtigen Fällen mit abweichenden Meinungen hervor, darunter Gore v. Bush (2000) und Gonzales v. Carhart (2007). Insbesondere setzte sie sich für Frauenrechte, Selbstbestimmung und die Gleichstellung von Männern und Frauen ein. Juristisch galt sie als vorsichtig und moderat, mit der Vorliebe für eng gefasste Beschlüsse, um größere gesetzgeberische Fragen dem Kongress zu überlassen.
Ruth Bader Ginsburg musste sich im Laufe ihres Lebens mehrfach gegen Krebs behaupten. 1999 wurde bei ihr Darmkrebs diagnostiziert. 2009 folgte ein Tumor an der Bauchspeicheldrüse, 2018 wurden bei einer Lungenoperation ebenfalls Krebswucherungen entfernt.
Im Februar 2020 zeigten medizinische Scans erneut Wucherungen an ihrer Leber. Ab Mai 2020 unterzog sich die 87-Jährige einer Chemotherapie, die sie alle zwei Wochen fortsetzte. Ein Scan am 7. Juli 2020 deutete auf eine deutliche Reduzierung der Leberläsionen hin, ohne dass neue Tumore festgestellt wurden. Ginsburg betonte, dass sie trotz der Erkrankung nicht vorhatte, sich vom Supreme Court zurückzuziehen, und erklärte: „Ich habe häufig gesagt, dass ich Mitglied des Gerichts bleiben würde, solange ich den Job mit voller Kraft machen kann. Ich bin weiterhin vollständig dazu in der Lage.“
Ruth Bader Ginsburg war passionierte Opernliebhaberin und trat einmal sogar kostümiert als Statistin auf einer Opernbühne in Washington auf.
2015 wurde ihr vom Radcliffe Institute der Harvard University das Radcliffe Medal verliehen – eine Auszeichnung für Personen, die einen prägenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben.
Ruth Bader Ginsburg starb am 18. September 2020 in Washington, D.C., an den Folgen ihrer Krebserkrankung. Ihr Tod markierte das Ende einer herausragenden juristischen Karriere und hinterlässt ein bleibendes Erbe im Kampf für Gleichberechtigung und Bürgerrechte in den USA.
Quellen: