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HSD / Antidiskriminierung
24.02.2025

Die Geschichte Schwarzer Menschen in Deutschland

​​TRIGGER WARNUNG  

Die Geschichte Schwarzer Menschen in Deutschland ist von Widerstandskraft und Stärke geprägt, aber auch von viel Rassismus. Wenn du selbst rassistische Erfahrungen in der Gesellschaft machst, kann es sinnvoll dir vor dem Lesen zu überlegen, ob du dich gerade stark genug fühlst.  

 
 Die Geschichte Schwarzer Menschen in Deutschland ist durch den deutschen und europäischen Kolonialismus geprägt. Eine direkte Auseinandersetzung mit den historischen und kulturellen Auswirkungen, die bis in die heute Zeit fortbestehen, gibt es zumindest im geschichtlichen Mainstream kaum. 
Daher ist es wichtig einen klaren Unterschied zwischen den tatsächlichen Erfahrungen Schwarzer Menschen und einer verzerrten Darstellung der deutschen Geschichte zu ziehen. Diese ist geprägt von Vorurteilen, Klischees und stereotypen Bildern. Es wird Zeit für Gegendarstellungen. 
 

Schwarze Menschen in der Geschichte 

Schwarze Menschen sind seit Jahrhunderten ein Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Bereits im Mittelalter waren Schwarze Menschen im deutschsprachigen Raum präsent. Zu finden sind sie vor allem auf Gemälden der damaligen Zeit. Es wird vermutet, dass Schwarze Menschen auf den Höfen von Adeligen lebten und damit die weltoffene Haltung und den globalen Einfluss dieser bezeugen sollten. Sie lebten dort nicht freiwillig, sondern wurden versklavt oder zu einem diplomatischen Geschenk degradiert, um dann Aufgaben als Diener*innen oder Musiker*innen zu übernehmen.  
Die Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents sowie Ausbeutung und Versklavung wurde durch menschenfeindliche Rassenideologien legitimiert, die eine “naturgegebene Überlegenheit” weißer gegenüber Schwarzen Menschen konstruierte. Die rassistische Vorstellung einer homogenen weißen und einer homogenen Schwarzen Gruppe hält sich bis heute, auch wenn Zuschreibungen mittlerweile nicht mehr hauptsächlich durch Biologisierungen begründet werden, sondern durch Kulturalisierungen. 

Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert hatten einige Schwarze Menschen in Deutschland die Chance eine Bildungslaufbahn einzuschlagen und damit auch neue Rollen in der Gesellschaft einzunehmen. Eine bekannte historische Figur ist Antonoius Gvilielmus Amo Afer. Er war 1730 der erste Schwarze Philosoph an einer deutschen Uni und schrieb seine erste wissenschaftliche Arbeit über die Rechte Schwarzer Menschen in Deutschland. Er gilt als ein Vordenker des Antirassismus. 

Ende des 19. Jahrhunderts vergrößerte sich die Zahl der Schwarzen Menschen. Einige wurden gezwungen nach Europa einzureisen, andere kamen freiwillig, beispielsweise für eine Ausbildung in Deutschland. Die meisten blieben jedoch nicht auf Dauer.  

Ab den 1890er Jahren wurden Migrationsbeschränkungen eingeführt, die eine kritische Auseinandersetzung mit den geltenden rassifizierten Hierarchisierungen vermeiden sollten. Einwanderer*innen aus afrikanischen Ländern bildeten Gemeinschaften, in denen sie unter sich blieben. 
1918 entstand durch Louis Brody, ein Aktivist und Schauspieler eine Selbsthilfeorganisation Schwarzer Männer, um sich gegen Diskriminierung und Rassismus zu wehren. 

In der Zwischenkriegszeit bis 1933 wurden viele Ehen zwischen Schwarzen und weißen Menschen geschlossen, auch wenn deutsche Behörden versuchten dies zu verhindern. Aus diesen Ehen oder nicht-ehelichen Beziehungen ging eine neue Generation Schwarzer Menschen in Deutschland hervor. 
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten und im Zuge ihres Rassekonzepts wurden Schwarze Menschen systematisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Durch die verstärkte Gewalt gegenüber Schwarzen Menschen zu Beginn des zweiten Weltkrieges, flohen viele Familien aus Deutschland. Zurück blieb eine deutlich kleinere Anzahl Schwarzer Menschen, welche in Deutschland verstreut waren und anfingen sich erneut ein Leben aufzubauen. Darunter zum Beispiel die Friedensaktivistin Fasia Jansen, welche sich für Arbeitnehmer*innen-sowie Frauenrechte und Gerechtigkeit einsetzte. 
In den 1980er entstanden neue Zusammenschlüsse Schwarzer Frauen, deren Positionen im weißen Feminismus zu wenig gehört wurde. Sie gründeten ADEFRA (Kürzel für afrodeutsche Frauen), eine Initiative, die neue Perspektiven auf die afrodeutsche Geschichte aufzeigte und zur Stärkung einer Schwarzen deutschen Identität beitrug. 
 

Anti-Schwarzer Rassismus 

Anti-Schwarzer Rassismus ist die Diskriminierung und Abwertung Schwarzer, afrikanischer oder afrodiasporischer Menschen oder Personen, die als Schwarz gelesen werden. 
Die erste Studie zu der Fragestellung “Wo erleben Schwarze Menschen Diskriminierung” veröffentlichte der Verein “Each On Teach One” Ende 2021. Diese bezieht sich auf Deutschland und greift rassistische Übergriffe, rassistische Gewalt und rassistische Diskriminierung auf. Dabei geben 97 Prozent der Befragten an, Diskriminierung erlebt zu haben. Am häufigsten in der Öffentlichkeit und Freizeit. Aber auch in den Medien, Geschäften oder im Arbeitsleben.  
Mittlerweile gibt es viele Schwarze Deutsche, die durch das Schildern ihrer Erfahrungen in Deutschland, wichtige Lernplattformen für die weiße Mehrheitsgesellschaft anbieten. Dazu gehören zum Beispiel Tupoka Ogette, Alice Hasters, Noah Sow oder Mohamed Amjahid. 

Wie viele Schwarze Menschen leben in Deutschland?  

Es gab bis 2020 keine Statistik, welche erfasst, wie viele Schwarze Menschen in Deutschland Leben. Das liegt daran, dass Deutschland keine Ethnizitäten bei Statistiken über die hier lebenden Menschen erhebt. 
2020 wurde dann von "Each One Teach One und Citizens for Europe “die erste online Umfrage unter Schwarzen, afrikanischen und  afrodiasporischen Menschen durchgeführt und ergab, dass ca. 1,2 Millionen mit afrikanischer Herkunft in Deutschland leben.  

Die Studie verdeutlicht, dass es sich um Menschen mit sehr unterschiedlichen persönlichen Geschichten handelt. Die Wurzeln der Befragten liegen in 144 verschiedenen Ländern, wobei 71 Prozent in Deutschland geboren wurden und 85 Prozent eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Fast jede sechste Person ist entweder selbst geflüchtet oder kommt aus einer Familie mit Fluchtgeschichte. Darüber hinaus sind Schwarze Menschen in Deutschland im Durchschnitt eher jung. Die Teilnehmenden waren zwischen 20 und 39 Jahre alt. 
 

Erfahrung Schwarzer Menschen
in der EU 

Die Anzahl der rassistischen Diskriminierungsvorfälle in Europa hat eindeutig zugenommen. In den Jahren 2016 und 2022 wurde von der EU-Agentur für Grundrechte eine Umfrage an Menschen mit afrikanischer Herkunft durchgeführt. 2022 gaben fast die Hälfte aller Befragten an, dass sie in ihrem Alltag Rassismus oder Diskriminierung erlebt haben, mehr als 2016.  
In der EU haben Schwarze Menschen häufiger einen befristeten Arbeitsvertrag und wechseln häufiger die Schule als die weiße Bevölkerung. Außerdem sind sie einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt. Die EU-Agentur für Grundrechte fordert daher Antidiskriminierungsvorschriften, wirksame Sanktionen zu verhängen und Gleichstellungsdaten zu erheben. Zudem sollen spezifische Strategien gegen Rassismus und Diskriminierung in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Wohnen und Gesundheit entwickelt werden 
 

Bezeichnung Schwarzer Menschen  

Durch die Vernetzung und die Bewegung Schwarzer Menschen in Deutschland sind Eigenbezeichnungen entstanden, die die Identität als Schwarze Deutsche stärken. Um rassistische Fremdbezeichnungen zu vermeiden, haben wir hier einige Eigenbezeichnungen für das Sprechen über Schwarze Menschen aufgeführt. 

Afrodeutsch... 
... ist eine Selbstbezeichnung Schwarzer Deutscher. Dies meint die Zugehörigkeit zur Schwarzen Community und gleichzeitig eine deutsche Staatsbürgerschaft. Dabei braucht es nicht zwingend eine afrikanische Einwanderungsgeschichte. Der Begriff ist eine Abwandlung des Wortes “afro-amerikanisch”. Die Selbstbezeichnung entstand Ende der 1980er Jahre. 

Schwarze Deutsche... 
...ist eine weitere Selbstbezeichnung. Dabei wird der Begriff “Schwarz” nicht auf die Hautfarbe bezogen, sondern auf die gesellschaftliche und soziale Position, sowie auf die rassistischen Erfahrungen, die erlebt wurden. Verwendung findet der Begriff vor allem in Deutschland und anderen Teilen der Schwarzen/afrikanischen Diaspora. 

People of Color (PoC) 
...bezeichnet Personen, die Rassismus Erfahrung machen. Darunter fallen beispielsweise ebenfalls asiatisch gelesen Menschen. Erstmals wurde er 1781 verwendet.  

Da viele Fremdbezeichnungen aus der Zeit des Kolonialismus stammen, sollten diese gemieden werden.  Viele dieser Wörter wurden genutzt, um Menschen zu homogenisieren und herabzuwürdigen und gelten daher auch in der heutigen Zeit als beleidigend und verletzend.  
 
Leider gibt es aktuell immer noch wenig Bewusstsein und Auseinandersetzung mit der jahrhundertlangen Geschichte Schwarzer Menschen in Deutschland.  
Um dem heutigen Rassismus und der aktuellen Diskriminierung entgegenzuwirken, müssen wir uns jedoch mit dem Teil der deutschen Geschichte auseinandersetzen und auch in Zukunft für Veränderung sorgen. Lasst uns also gemeinsam mit dem Black History Month ein Zeichen setzten und alten Vorurteilen und Denkmustern entgegenwirken.  
 

Initiativen und Vereine Schwarzer Menschen in Deutschland  

  • Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) e.V. 
  • Schwarze Frauen in Deutschland (ADEFRA) e.V. 
  • Each One Teach One (EOTO) e.V. 
  • Zentralrat der Afrikanischen Gemeinde Deutschland (ZAGD) e.V. 
  • Kompetenznetzwerk Anti-Schwarzer Rassismus von und für People of African 
  • Descent (KomPAD) 
  • Interkulturelles Netzwerk in Berlin e.V. (JOLIBA) 
 

Quellen 

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