Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences

Studien­erfolg & Re­si­li­enz

​​Was ist Resilienz?
Resilienz ist als Begriff zurzeit in aller Munde, und doch wissen viele gar nicht so genau, was es genau bedeutet. Etymologisch leitet sich das Wort Resilienz zum einen vom lateinischen Wort resilere ab und bedeutet so viel wie abprallen. Zum anderen kann man es vom englischen Wort resilience herleiten, welches mit Spannkraft, Elastizität oder Widerstandsfähigkeit übersetzt wird. Resilienz ist ein Begriff, der viel zitiert wird, wenn es um den Umgang mit Stress oder „Krisen“ geht.


Eine Kernfrage der Resilienzforschung lautet: Wie lässt sich erklären, wieso ein und dasselbe stressauslösende Ereignis die eine Person völlig aus der Bahn wirft, die andere aber unberührt lässt?
Laut Engelmann (2014) können kritische Lebensereignisse zwar unterschiedliche Auslöser haben, aber ihre Gemeinsamkeit besteht häufig darin, dass es belastende Situationen sind, von denen wir annehmen, keinen Ausweg daraus finden zu können. Und da liegt genau der Punkt: nicht die Situation an sich, nicht der Auslöser macht das Problem „unlösbar“, sondern erst unsere subjektive Überzeugung diese Situation nicht handhaben zu können.


Wenn wir uns die Frage stellen, wieso das so ist, dann kommt als Erklärung Resilienz ins Spiel. Die einen kommen bei der Bewertung der Situation zum Schluss, dass sie einen Ausweg finden oder bereits eine Lösung parat haben (hohe Resilienz), während die anderen überzeugt davon sind, der belastenden Situation nichts entgegenzusetzen haben (niedrige Resilienz). Es sind also letztlich unsere Gedanken, Überzeugungen und Erwartungen, die darüber entscheiden, ob wir eine Situation erfolgreich meistern werden oder eher nicht.


Resilienz als Fähigkeit zeichnet sich also dadurch aus, dass man mit Widrigkeiten und Belastungserfahrungen, die über das alltägliche Stressempfinden hinausgehen, einen positiv-adaptiven Umgang findet.
Eine gelungene Anpassung an Widrigkeiten kann sich als ein „Zurückspringen auf das Ausgangsniveau“ („bouncing back“) oder als psychisches Wachstum („psychological growth“) äußern (Ayed et al., 2019). Somit erscheint die Bezeichnung „psychische Widerstandsfähigkeit“, die umgangssprachlich häufig für Resilienz verwendet wird, zwar als zu unpräzise in Bezug darauf, was diese Fähigkeit konkret umfasst, aber dennoch treffend in Hinblick auf deren positive Konsequenzen: Besitzt die/der Einzelne ausreichend psychische Widerstandsfähigkeit, so gelingt es ihr/ihm, dem destruktiven Sog von außerordentlichen Belastungssituationen, wie z.B. negativen Gedankenspiralen, entgegenzuwirken. Wie empirische Studien zeigen, kommt es dabei zu Wechselwirkungen, sodass die Resilienz einerseits beeinflusst, wie Personen mit Belastungssituationen umgehen können. Andererseits kann die Resilienz selbst aber auch durch einen gelingenden Umgang mit verschiedenen Belastungserfahrungen über die Zeit stärker werden (z.B. Crane et al., 2019; Moenkemeyer et al., 2012).
Die gute Nachricht lautet: Resilienz ist eine veränderbare, und damit auch trainier- und förderbare Fähigkeit.
 
Warum ist Resilienz für das Hochschulleben relevant?
Im Kontext von Studium und Lehre spricht man von „akademischer Resilienz“. Akademische Resilienz bezieht sich auf die (veränderbare) Fähigkeit von Studierenden (und Schüler*innen), akute und länger andauernde Widrigkeiten zu überwinden, welche als schwere Einschnitte im Bildungsprozess angesehen werden. (Martin & Marsh, 2009; Luthans et al, 2012)


Aus den vorhergehenden Definitionen lässt sich herleiten, warum Resilienz auch im Kontext Hochschule von Bedeutung ist. Denn „Risikosituationen“ bzw. sog. „Krisen“ können in fast jedem Lebensbereich oder Kontext auftreten. Und damit sind gar nicht unbedingt nur die großen lebensverändernden Ereignisse wie Tod, Krankheit oder Verlust gemeint. Sondern auch jene Ereignisse, die wir aufgrund unserer Wahrnehmung als im weitesten Sinne bedrohlich oder unbeeinflussbar erleben. Oder eben auch, weil wir das Gefühl haben, in dieser bestimmten Situation keine bzw. nur unzureichende Handlungsoptionen zu haben und die über unseren alltäglichen Stress hinausgehen.


Man darf nicht vergessen, dass der Eintritt ins Studium nicht nur mit studienrelevanten Themen wie Lernen, Wissensaneignung, Selbst- und Zeitmanagement einhergeht. Sondern parallel dazu finden noch andere Entwicklungsprozesse statt. So wächst auch in dieser Zeit die Persönlichkeit jeder*s Einzelnen. Wartenberg (2021) formuliert es so: „Sie [die Studierenden] sammeln und verarbeiten vielleicht sogar überwiegend Erfahrungen, für die kein Lehrplan existiert, wie beispielsweise (Sperling, 1974):
·        Ablösung von der Herkunftsfamilie und Aufbau eines eigenen Beziehungsnetzes
·        Verantwortung für eigene Zeit und eigenes Geld
·        Erste Erfahrungen mit Alleinleben, WG, Partnerschaft
·        …“
Es können also auch persönliche Herausforderungen auftreten, die zunächst einmal eine Auseinandersetzung mit Gefühlen wie Wut, Angst, Scham oder Enttäuschung mit sich bringen. Denen kann man i.d.R. nicht (ausschließlich) mit „Effektivität“ und/oder „Selbstoptimierung“ begegnen, sondern hierfür sind eben andere Qualitäten nötig (Wartenberg, 2021).


In der ReSt@MINT-Studie, die vom IHF (Institut für Hochschulforschung) zum Thema Resilienz im Hochschulkontext durchgeführt wurde, wurden Erstsemester-Studierende gebeten, u.a. Beispiele für erlebte Rückschläge im Hochschulkontext zu benennen. Die Ereignisse, die im akademischen Kontext als am negativsten – also als Rückschlag – bewertet wurden, waren:
·        Nichtbestehen einer Prüfung
·        Zeitdruck
·        Schlechte Noten
·        Fachliche Schwierigkeiten
·        Starke Arbeitsbelastung
·        Fehlende soziale Eingebundenheit im Studium
·        Probleme mit Lehrpersonal
·        Probleme mit anderen Studierenden
·        …
Die privaten Rückschläge mit einer möglichen hohen Relevanz für den Studienkontext waren (Mehrfachnennung möglich):
·        Eigene gesundheitliche Probleme
·        Trennung von Partner*in
·        Belastende Wohnsituation
·        Finanzielle Schwierigkeiten
·        Gesundheitliche Probleme eines Angehörigen
·        Fehlender sozialer Anschluss
·        Tod eines Angehörigen
·        Umzug
·        Sonstiges
Aus einer qualitativen Studie der IHF zum Thema Rückschläge im Hochschulkontext geht zudem hervor, dass vor allem Studierende aus dem Erstsemester fehlendes Feedback und fehlende Transparenz in Bezug auf eigene Leistungseinschätzung als Ursache für das Erleben von Rückschlägen einordnen.


Personen mit ausgeprägter Resilienz im Vergleich zu Personen mit niedriger Ausprägung

Die Ergebnisse der ReSt@MINT-Studie zeigen außerdem: Personen mit hohen Resilienzwerten weisen eine stärkere Bindung zum Studium auf und diese sinkt weniger stark nach dem Erleben eines Rückschlages. Bei Studierenden mit geringer Resilienz kam es hingegen tendenziell eher zu einer verringerten Bindung an das Studium, teilweise bis hin zum Bindungsverlust. Möglicherweise veranlasst es Studierende somit eher an ihrer Entscheidung für das Studium zu zweifeln als Studierende mit hohen Resilienzwerten.


Resilientes Verhalten zeigten Studierende dann, wenn sie in einer herausfordernden Situation zunächst einmal erkennen, dass ihnen hilfreiche psychische, soziale und strukturelle Ressourcen zur Verfügung stehen und diese Ressourcen dann auch nutzen.


Beispiele für resilientes Verhalten: Um einen positiv-adaptiven Umgang mit belastenden Herausforderungen zu finden, zeichnen sich Studierende, die sich resilient verhalten, beispielsweise wie folgt aus:
1.  Sie setzen Emotionsregulationsstrategien ein, um einen konstruktiven Umgang mit negativen Emotionen zu finden (= Nutzung psychischer Ressourcen).
2.  Sie besprechen mit Kommilitoninnen/Kommilitonen oder Dozentinnen/Dozenten Lösungswege zur Bewältigung der Herausforderung (= Nutzung sozialer Ressourcen).
3. Sie bitten an ihrer Hochschule aktiv um ein Beratungsgespräch oder nutzen CoachingAngebote (= Nutzung struktureller Ressourcen).​